Stellungnahme des KWKD
Süddeutsche Zeitung
Herrn Stefan Kornelius, Außenpolitik
Zur Kenntnis Herr Kurt Kissler, Chefredakteur
Berlin, den 23. Februar 2016.
Sehr geehrter Herr Kornelius,
im Namen des Kroatischen Weltkongresses in Deutschland, dem Dachverband kroatischer Vereine in Deutschland, möchten wir in Bezug auf den von Frau Nadia Pantel verfassten und am 9. Februar 2016 unter dem Titel „Fragwürdiger Patriotismus“ in Ihrer Zeitung veröffentlichten Artikel auf Sie zukommen. Dieser Artikel hat in der kroatischen Gemeinde in Deutschland, unter welcher sich auch viele Ihrer Leser befinden, recht großen Unmut ausgelöst. Dieser Artikel ist unserer Meinung nach einseitig und unprofessionell verfasst und bedient sich hetzerischer Elemente gegen den neuen kroatischen Kulturminister Zlatko Hasanbegović.
Unserer Internetrecherche nach ist Frau Pantel als Volontärin bei Ihrem geschätzten Blatt tätig. Wir sind erstaunt, dass einer Volontärin der Raum geboten wird, in einem Blatt wie der Süddeutschen Zeitung über solch ein sensibles Thema zu berichten, zumal ihr offensichtlich grundlegendes historisches Wissen zu fehlen scheint. Frau Pantel hat sich unseres Eindrucks nach einer politisch motivierten „Hetzkampagne“ gegen einen staatlichen Amtsträger angeschlossen. Herrn Minister Zlatko Hasanbegović öffentlich als einen „Faschisten“ zu betiteln, ohne Beweise bzw. Hintergründe für eine solch schwere Anschuldigung zu liefern, ist nicht vereinbar mit unserem Verständnis von Demokratie und Rechtsstaat. Obwohl der Minister sich mehrfach öffentlich und sehr deutlich vom Faschismus distanziert hat, findet diese Tatsache keine Erwähnung in dem Artikel von Frau Pantel.
Die Autorin verdreht auch historische Tatsachen in dem Artikel und greift den Minister mit Floskeln (Verbalinjurien) an. So führte sie auf seine „mangelnde Professionalität“ anspielend an, dass 178 PEN-Mitglieder sowie 1131 Journalisten und Kulturschaffende das Protestschreiben gegen Herrn Hasanbegović unterzeichnet haben. Die Autorin verschweigt aber, dass über siebzig kroatischen Historiker, welche sich an Universitäten, historischen und gesellschaftlichen Institutionen gerade mit dem Thema kommunistischer Verbrechen beschäftigen, dem Minister öffentlich ihre Unterstützung bekundet haben.
Die Autorin verschweigt, dass die „Hetze“ auf den Minister zu jenem Zeitpunkt begann, als der Minister die kroatischen Kulturvereine aufgefordert hatte, Unterlagen einzureichen als Beleg, für welche Zwecke die Kulturvereine das vom Kulturministerium zugeteilte Geld (in Form von Kulturförderung) verwendet haben (also Projektauflistung, Kostenaufstellung, finanzieller Abschlussbericht). Denn die kroatische Öffentlichkeit verlangt nach Transparenz in Bezug auch auf die Gelder, die der Steuerzahler über das Kulturministerium mitfinanziert und dieser Pflicht ist der Minister nachgekommen. Mehrfach wurden Missstände zu diesem Thema öffentlich diskutiert, da verschiedene Kulturvereine das vom Staat erhaltene Geld für private Zwecke missbraucht haben. An dieser Stelle erlauben wir uns, die Autorin zu fragen, wie denn die deutschen Finanzbehörden reagieren würden, wenn deutsche Kulturvereine und Kulturschaffende ihnen keine jährlichen Finanzberichte vorlegen würden und das Geld anstatt in Kulturprojekte in die eigene Tasche stecken würden?
Des Weiteren führt die Autorin an, dass der Minister heute Mitorganisator der Gedenkfeier zur „Tragödie von Bleiburg“ im österreichischen Ort Bleiburg ist, in welchem 1945 „Befürworter“ des Ustascha-Regimes von den Partisanen ermordet worden sind. Diese Aussage der Autorin ist für viele auch in Deutschland lebende Kroaten eine unannehmbare Verdrehung der geschichtlichen Tatsachen und zeugt von Respekt- und Pietätslosigkeit gegenüber den damals ermordeten Menschen.
Bei diesen Ereignissen, die beim kroatischen Volk als „Tragödie von Bleiburg“ bezeichnet werden, wurden über 200.000 Männer, Frauen und Kinder durch die Tito-Partisanen, ohne jegliches gerichtliches Verfahren, auf grausame Art und Weise hingerichtet. Die Hinrichtungsstätten befanden sich nicht nur in Österreich, Slowenien und Kroatien, sondern in allen Republiken des ehemaligen Jugoslawiens. Eines der größten und schlimmsten Verbrechen der Nachkriegszeit in Europa ist dort von den Tito-Kommunisten an unschuldigen Menschen begangen worden. Die staatlichen Kommissionen für Nachkriegsverbrechen der Kommunisten sowohl in Slowenien als auch in Kroatien untersuchen noch immer die zahlreichen Massengräber. Falls die Autorin zu diesem Thema wissenschaftliche Tatsachen und Dokumente benötigt, werden wir sie gerne auf die entsprechenden geschichtlichen Quellen hinweisen.
Im weiteren Text verfälscht die Autorin die Tatsachen der neueren kroatischen Geschichte und führt an, dass „der Minister alte Konflikte der neunziger Jahre mit Serbien aufwärmt“, das Kroatien als ein „von den Serben unterdrücktes Volk“ galt. Auch in diesem Fall bleibt die Autorin eine Antwort schuldig, bei welcher Gelegenheit der Minister das gesagt haben soll. Im Übrigen galt Kroatien nicht als ein von den Serben unterdrücktes Volk, sondern war in den Jahren 1991-1995 Opfer der serbischen militärischen Aggressionen, durchgeführt von der einstigen jugoslawischen Armee sowie serbischen militärischen und paramilitärischen Einheiten. Diese allgemein bekannte Tatsache wurde auch durch eine Vielzahl von Gerichtsprozessen bestätigt, welche gegen Serbien und Serben vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag für das ehemalige Jugoslawien geführt wurden bzw. noch immer geführt werden!
Hinsichtlich der Aussagen des Ministers betreffend den Kommunismus und die kommunistische Diktatur in Kroatien sind dessen Aussagen zu respektieren in dem Maße, wie sie den Tatsachen entsprechen, denn er traf diese als Geschichtswissenschaftler (und nicht als Populist).
Auch ihre Tageszeitung sollte einem Geschichtswissenschaftler wie Herrn Hasanbegović das Recht auf freie Meinungsäußerung und Integrität eingestehen.
Wir möchten der Autorin allerdings in einem Punkt ihres Textes auch zustimmen: die Probleme des heutigen Kroatiens liegen tatsächlich in erster Linie in der schwachen Wirtschaft, der Auswanderung junger und gebildeter Kroaten ins europäische Ausland sowie in der Bekämpfung der bestehenden Korruption. Doch wie in fast allen ehemals kommunistischen Ländern haben postkommunistische Seilschaften nach dem Systemwechsel auch in Kroatien viele Bereiche des Staatsapparates, der Wirtschaft und der Medien übernommen bzw. behalten. Diesen Zustand gilt es zu reformieren und das rechtstaatliche Europa muss seinen Beitrag zu diesem Reformprozess unbedingt leisten.
Der jetzige Intendant des kroatischen Rundfunks HRT ist Herr Goran Radman, der als hoher Funktionär des kommunistischen Regimes auch im ehemaligen kommunistischen Jugoslawien denselben kroatischen Fernsehsender geleitet hat. Es sei erlaubt, bei diesem Thema eine Parallele zu Deutschland zu ziehen – wie würde denn die deutsche Öffentlichkeit reagieren, wenn heute einer der Chefredakteure des damaligen DDR-Staatsfernsehens die Funktion des Hauptintendanten des ARD und ZDF ausüben dürfte, oder ein ehemaliger STASI-Agent an der Spitze des Medienrates (Medienkommission, Landesrundfunkausschuss) sitzen würde? Das aber ist der heutige Fall beim kroatischen Rundfunk HRT.
Wir hoffen aufrichtig, dass Sie als professionelle und objektive Tageszeitung unsere Reaktion auf den Artikel von Frau Nadia Pantel veröffentlichen. Solch eine tiefe Verletzung der Gefühle vieler tausend Kroaten, die ihre engsten Familienangehörigen bei der „Tragödie von Bleiburg“ durch die Ermordung durch Tito-Kommunisten verloren haben, sollte nicht unbeantwortet bleiben. Sonst wäre dieses Verhalten (unser Schweigen) den unschuldig ermordeten Menschen gegenüber äußerst pietäts- und respektlos.
Gern bleiben wir mit Ihnen zu diesem Thema weiter in Kontakt.
Mit freundlichen Grüßen
Kroatischer Weltkongress in Deutschland